Das klassische Zeitmanagement verbreitet pure Ideologie!
Es verführt Anwälte und andere willige Jünger zu der Ansicht, man müsse genau 1440 Minuten pro Tag – jeden Tag! – effizient ausnutzen, um Image, Geld, Siege, Ruhe (sic!), Rentenbeiträge etc. anzuhäufen.
Es lehrt sie, wie sie
- „Zeitpuffer“ freihalten,
- „Zeitplanbücher“ ausfüllen
- Aufgaben „effizient“ erledigen
- „Störungen“ im Ablauf minimieren
- „persönliche Leistungskurven“ berücksichtigen
- „Tages- und Wochenpläne“ erstellen.
Opfersicht: Zeitdiebe als Betriebsunfall?
Wenn da nur nicht diese fiesen Störer wären! Immer kommt was dazwischen!
Man kann nichts gegen diese Störer tun. Man verantwortet sie nicht. Sie lassen Glaubenssätze der Erdbewohner und – daraus resultierend – deren Prioritätslisten und Gewohnheiten unangetastet. Das wiederum macht sie beliebt: Man kann – sozusagen ungestraft – über sie jammern.
Zeitdiebe? Wie praktisch!
Verursacher ständiger „Zeitnot“ werden von Chronos-Ideologen (s.u.) gern „Zeitdiebe“ genannt: Wo Zeitdiebe existieren, sind deren Opfer nicht weit!
Wer „Zeitdiebe“ in seinem Alltag identifiziert, darf sich als Opfer eigener Zeitnot aufführen oder sogar wirklich als Opfer fühlen.
Das entspannt; Diebe kommen bekanntlich von außen: Sie
- sind illegal.
- sind unerbeten.
- kommen bei Nacht und Nebel.
- sind unberechenbar.
- sind bis an die Zähne bewaffnet.
- sind auf keinen Fall mit mir verwandt!
Chronos und Kairos – Eine moderne Sicht auf „Zeit“
Eine moderne, an Kategorien von Eigenverantwortung und Langfrist-Strategien ausgelegte Sicht auf das Phänomen „Zeit“ dagegen beginnt mit einem Rückblick auf eine berühmte Götterfamilie:
Chronos ist Vater des Zeus, Kairos ist der Sohn des Zeus.
Opa und Enkel repräsentieren – mit der starken Symbolik von „Chronos und Kairos“ – unsere heute noch gültigen, entgegen gesetzten Sichten auf das Phänomen „Zeit“:
Die Zeitmanagement-Stile „Effizienz“ und „Effektivität“
Wer falsche Dinge „effizient“ erledigt, verschwendet Geld, Energie und Motivation. Er erreicht nur kurzfristige Ziele und sichert das Überleben des Grundproblems.
- Wer die Dinge richtig tut, ist effizient.
- Wer die richtigen Dinge tut, ist effektiv.
Effizienter Zeitmanagement-Stil:
Anwälte bevorzugen gewöhnlich einen „effizienten“ („chronologischen“) Zeitmanagement-Stil und bringen die „Quantität“ der zu bearbeitenden Akten in den Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit:
Sie sehen gern ihren Arbeitsalltag in Zeitzonen unterteilt: Telefonzeit, Aktenbearbeitungszeit, Reisezeit, Mandantengesprächszeit etc.
Effektiver „Zeitmanagement“-Stil:
Der kairotische (s.o. Tabelle „Kairos“) Aspekt eines jeden Arbeitstages steht im Zentrum. Langfristig zählen die Qualität der Arbeiten und die Orientierung in die Zeitzone Zukunft. Das Mini-Mandat im zukünftig dominanten Rechtsgebiet kann für die Marktpositionierung wichtiger werden als es das einträgliche Dauermandat bis heute war.
Bei dieser Sortierung würde schnell heraus kommen, dass nur in wenigen der täglichen anwaltlichen Berufsrollen eine „Zeitnot“ entsteht.
Gewöhnlich sind das automatisch genau jene Rollen, die der Anwalt ungern ausfüllt.
Effektives Zeitmanagement durch kongruente Rollen
Die anwaltliche Ausbildung vernachlässigt Unternehmerrollen (in der folgenden Tabelle links), obwohl „Unternehmer sein“ vom ersten Tag der Zulassung an „eine Rolle spielt“ im Anwaltsalltag.
Typische Anwaltsrollen unterteilen sich in
Unternehmerrollen
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Anwaltsrollen |
private Rollen |
Chef |
Kanzleiinhaber |
Ehepartner |
Marketing-Stratege |
Berater |
Freund |
Akquisiteur |
Sachbearbeiter |
Familienmitglied |
Referent |
Verhandler |
Kellner |
Kanzlei-Manager |
Verteidiger |
Papa |
Autor |
Fristsachen-Papst |
Helfer |
Teamleiter |
Ausbilder |
Chauffeur |
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Ermitteln Sie:
- Welche dieser Rollen üben Sie nicht aus? (durchstreichen!)
- Welche der restlichen Rollen mögen Sie? (ein Herz dahinter!)
- Welche der von Ihnen derzeit ausgeübten Rollen mögen Sie nicht? (rot einkreisen!)
Rolleninkongruenzen sind Ursache von Misserfolgen und Zeitnot
In Ihren rot eingekreisten Rollen werden Sie Zeitnot produzieren und empfinden – und die Folge daraus vermutlich „Stress“ nennen.
Lösung: Ermitteln Sie,
- welche eigenen Verhaltensweisen in den rot eingekreisten Rollen Sie wählen,
- welche Sie selbst davon umstellen wollen
- durch was genau Sie Ihr altes Verhalten dauerhaft ersetzen werden
- wie Sie verbliebene Aufgaben effektiv (s. Punkt V.) strukturieren
- an wen Sie was aus der ungeliebten Rolle delegieren können
- wie Sie dieses delegierte Material kontrollieren werden
Unpünktlichkeit als Strategie
Mehrfach wiederholte Unpünktlichkeit sichert einen hochrangigen inneren Wert des Unpünktlichen. Wiederholt Unpünktliche dokumentieren durch sehr unterschiedliche Strategien eine bedrohliche, eigene Unsicherheit im Umgang mit Autoritäten. Alle hoffen durch ihr Verhalten auf Anerkennung von innen oder von außen.
Unnötig zu erwähnen, dass sich alle Unpünktlichkeits – Typen wegen der Gleichheit ihrer Motivation für die jeweils anderen Arten des wiederholten Unpünktlich-Kommens zutiefst verachten.
Unpünktliche lassen sich durch ihr typisches Verhalten in drei Kategorien einteilen:
Der „Autarkie-Freak“
Der „Autarkie-Freak“ kommt wiederholt zwei Minuten zu spät zu Meetings und hat dadurch machtvolle, innerlich dokumentierte Vorteile: Würde er pünktlich kommen, würde er einen eigenen hochrangigen Wert, zum Beispiel „Eigenständigkeit“, gefährden. Dieser Wert ist durch Terminssetzungen durch andere attackiert; jemand anders bestimmt, wann ich wo zu sein habe. Durch wiederholte Zwei-Minuten-Verspätungen dokumentiert der Unpünktliche seine innere Unabhängigkeit. Er zeigt, dass er
- sich leisten kann, zu spät zu kommen
- sich nicht leisen kann, pünktlich zu kommen
- dem Team dennoch zur Verfügung steht.
Der „Status-Freak“
Anders als der „Autarkie-Freak“ hat der „Image-Freak“ einen äußerlich dokumentierten, machtvollen Vorteil seines Zu-Spät-Kommens“. Dieser Typus kommt wiederholt etwa 20 Minuten zu spät, hektisch gestikulierend, laut telefonierend oder laut seinen Platz einrichtend sorgt er dafür, dass er sich aus der Masse abhebt. Er schaltet sein Telefon nicht aus. Der Status-Freak hofft auf Anerkennung für seine Macher-Rolle.
Er ist einfach zu wichtig und besser als andere. Dieser Typus gibt bekannt, dass er
- sich leisten kann, zu spät zu kommen
- sich nicht leisen kann, pünktlich zu kommen
- „besser“, „wichtiger“ und „unverzichtbarer“ ist als alle anderen.
Der „Angst-Freak“
Anders als der „Autarkie-Freak“ und der „Status-Freak“ kommt der „Angst-Freak“ immer unpünktlich, nämlich ausnahmslos zu früh. 10 Minuten vor dem meeting drückt er sich schon in der Ecke herum, liest alle Unterlagen nochmals und ist perfekt vorbereitet. Der Angst-Freak hofft auf Anerkennung für Verlässlichkeit und Folgsamkeit. Auf ihn kann man sich blind verlassen. Er ist früher da als andere und super organisiert. Dieser Typus gibt bekannt, dass er
- sich leisten kann, zu früh zu kommen
- sich nicht leisen kann, pünktlich zu kommen
- „besser organisiert“, „verlässlicher“ und „unverzichtbarer“ ist als alle anderen.
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