×

Flache Hierarchien in der Anwaltskanzlei

Nach 30 Jahren in Anwaltskanzleien aller Größe hat die Autorin noch nie eine Kanzlei mit echten „flachen Hierarchien“ kennen gelernt.
Wo besonders intransparent geführt wird, werden „flache Hierarchien!“ dagegen besonders vollmundig behauptet.

Echte „flache Hierarchien“ werden hierarchisch eingeführt

Echte „flache Hierarchien“ werden zusammen mit dem ganzen Team und mit Hilfe von detailreichen Arbeitsplatzbeschreibungen für jeden Mitarbeiter offiziell eingerichtet und haben ein verlässliches „Reporting“-System. Wo diese bewussten Einrichtungen fehlen, ist allergrößte Vorsicht angebracht.

  • Anwälte auf Jobsuche seien an dieser Stelle immer dann gewarnt, in Kanzleien mit behaupteten „flachen Hierarchien“ einzusteigen, wenn sie Transparenz in Führung und Kommunikation für ihre Entwicklung brauchen.

Die Hierarchie-Lüge in Kanzleien

Wo „flache Hierarchien“ lediglich behauptet werden, verunsichern diese Behauptungen das Team, torpedieren die Übernahme von Verantwortung, entmachten Führung und gefährden schließlich den Umsatz.
Nach dem Motto „Ein zahnloser Tiger ist besser als gar kein Raubtier“ agieren führungsunwillige Führungskräfte ihre Rollenkonflikte auf dem Rücken ihrer Mitarbeiter aus:
Sie behaupten, in ihrer Kanzlei „flache Hierarchien“ zu haben und hoffen dadurch, aus der Führungsverantwortung entlassen zu werden.

Wozu dient die Hierarchie-Lüge?

Eine anwaltliche Führungskraft möchte wahrscheinlich dem externen Coach gegenüber fortschrittlich und nett klingen, verdeckt aber primär seinen eigenen Führungsunwillen.
Im „Normalfall“ hat keiner seiner Mitarbeiter je etwas von „Flachen Hierarchien“ mitbekommen.

Die anwaltliche Mogelpackung „Flache Hierarchien und Individualität“
Der hingeflunkerte Spruch „Wir haben hier flache Hierarchen“ tritt gern in Kumpanei mit dem Diktum der „Individualität“ auf.
Diese Kombination ist eine anwaltliche Spezialität.
Sie entspringt häufig dem historischen Erbe aus jenen drei kleinen Einzelkanzleien, die sie vor fünf Jahren noch waren.
Genau diese Hierarchiefurcht führt jedoch in Sozietäten zu Handlungsunfähigkeit: weitschweifige Gesprächsrunden in nicht entscheidungsbefugten Ausschüssen, kombiniert mit irrwitzig hohen Reise- und Overhead-Kosten sowie mit fehlenden gemeinsamen (Führungs-) Kulturen und fehlenden verlässlichen Einstellungskriterien für die Aufnahme neuer Partner führen dazu, dass jeder Anwalt vor sich hinwurschteln darf.

Paradox? Der Verkünder von flachen Hierarchien agiert stramm hierarchisch.

Der Sprecher erhöht durch das Leugnen faktischer Hierarchien in seiner Kanzlei Krankenstand und Fluktuation; so krass widersprüchlich sind seine Botschaften, dass sie die Gesundheit der Mitarbeiter gefährden können.
Allein durch das allgemeingültige Feststellen der „flachen Hierarchien“ für die ganze Kanzlei gibt der Sprecher bekannt, dass er es „zu sagen“ hat.
Oft spricht so ein Namensgeber einer Kanzlei, der allen Anwälten seiner Kanzlei direkt nach Einstellung einen leistungsunabhängigen Partnerstatus eingeräumt hat und dadurch sich, den Kollegen und allen Mandanten, die den Briefkopf sehen, suggeriert, alle hätten gleich viel zu sagen.

  • Tragisch, wenn solche Mitarbeiter in der alltäglichen Arbeit von „flachen Hierarchien“ gar nichts wissen oder merken. Sie sind im Alltag einem „Führungsnebel“ und permananten „Doppelbotschaften“ unterworfen.

Führung in privaten Hierarchien

Hierarchien gibt es überall. Wo sie fehlen, werden sie automatisch durch anfangs hierarchiefrei agierende Akteure selbst eingesetzt.
Selbstgefällige Privat-Inszenierungen („Ich bin gegen Hierarchien“) sind dabei folgenlos und behindern den Aufbau echter Hierarchien glücklicherweise nicht; die antiautoritären „Erzieher“ der 60er Jahre negierten Hierarchien zwischen sich und ihren Kindern und hinterließen ungewollt in deren Gehirnen den Imprint egoistischer, pflichtfeindlicher und einzelgängerischer Disposition.

Gibt es Führungspersönlichkeiten?

Der Hierarchie- und Verhaltensforscher Robert Maurice Sapolsky ist Autor von „Mein Leben als Pavian“.
Er beschreibt den geborenen Anführer in allen Säugetierformationen als „abgeklärten, kontrollierten Charakter, der seine Gegner nicht bezwingt, sondern Bündnisse mit ihnen schließt.
Führungsstarke Anwälte sind demnach Paviane mit anderen Mitteln: Hier wie dort sind keineswegs die klügsten, stärksten oder aggressivsten von ihnen die erfolgreichsten aller Führungskräfte, sondern die integrativsten:

  • Coach: Wer in beiden Galaxien (Pavianfamilien und Anwaltskanzleien) elegant „auf glattem Eise zu tanzen weiß“, der knackt den Jackpot: Er bündelt soziale, psychologische und organisatorische Kräfte und nutzt sie – unter Anwaltsmenschen am erfolgreichsten in Kanzleien mit „Händlerkulturen“ -, um seinen Erfolg zu mehren.

Führung in geschäftlichen Hierarchien

Führung ist in geschäftlichen Hierarchien entweder „top-down“ oder „bottom-up“ geregelt. Mischformen sind üblich bei echten „flachen Hierarchien“, z.B. in sog. „selbst steuernden Teams“.
In der Tabelle finden Sie links typische Führungsaufgaben, in der Mitte deren Auswirkungen in „unechten“ (also: nur behaupteten) und rechts deren Auswirkungen in echten flachen Hierarchien:

Kein Unterschied zwischen „laissez-faire“ und „flacher Hierarchie“?

Auf Nachfrage konnten Partner, die „flache Hierarchien“ behaupteten, keine selbst praktizierten, konkreten Unterschiede zwischen eigener Untätigkeit in der Führung („Laissez-Faire“) und „flacher Hierarchie“ benennen.
Sie hatten außerdem übersehen, dass

  • bei der Ersteinrichtung echter flacher Hierarchien eine funktionierende und verlässlich führende Hierarchie die Voraussetzung ist.
  • in echten „flachen Hierarchien“ die Unternehmensziele für jeden transparent und allen bekannt sind. Jedes Team übersetzt diese Ziele dann für sich und überlegt gemeinsam, wie sie ihre – davon abgeleiteten – Ziele erreichen.
  • echte „flache Hierarchien“ automatisch zu Projektarbeit führen. Daraus folgt eine ungewohnte und meistens ungeübte psychologische und organisatorische Umstellung: Bisherige Dauerteams fassen sich selbst ständig nach Bedarf zu Projektteams neu zusammen, inklusive der Assistenz. Das müssen alle Mitarbeiter, die diese höhere Eigenverantwortung zu übernehmen bereit sind, komplett neu lernen.
  • Arbeitszeiten selbständig flexibilisiert und außerhalb des Projetteams u.U. nicht mehr kommuniziert werden[1]
  • formelle Führungskräfte der Kanzlei nicht mehr bei Entscheidungen oder Fragen in Mails auf „CC“ gesetzt werden
  • Teams sich – unabgesprochen mit der Kanzleileitung – zuhause treffen (z.B. weil ein Kind eines Mitarbeiters krank ist) oder in regelmäßigen online-meetings (z.B. über Standorte hinweg oder um einen Steuerberater ständig dabei zu haben).
  • ein 31-jähriger Junganwalt, der in Tannenbaum-Hierarchien den Seniorpartner nie im Arbeitsalltag sieht, diesen etwa alle zwei Wochen live „über ein Projekt informiert“, ohne dass der sich ungebeten einmischt.
  • das sog. „mittlere Management“ (in Anwaltskanzleien z.B. die „practice-group-leader“ oder auch der Standortleiter) für Führungsrollen wegfällt, dass Mitarbeiter eigenständig, extrem flexibel und immer teamorientiert arbeiten müssen[2] und Vorgaben bei kleineren Fragen nicht erwarten dürfen, dass alle angestellten Mitarbeiter ihre genauen Aufgaben erledigen können – sowie ihre genauen Befugnisse kennen – müssen.
  • dass sie selbst durch „flache Hierarchien“ von Aufgaben, auch von Kontrollaufgaben, entlastet werden[3]
  • Reaktionswege besonders schnell sind, weil alle angestellten Mitarbeiter, die in den Inhalten der Akte und an deren Organisation (Assistenz) arbeiten, direkte Kontakte mit den Mandanten anstreben und durchführen. Bei Rückkehr zu alten Tannenbaumhierarchien wird der Mandant sich beschweren, nicht eingebunden und zu spät beliefert zu werden.

 

[1] Nur der Telefonempfang weiß, (bis) wann sie wo sind, damit er Rückrufzeiten sinnvoll einrichten kann.

[2] Die Frage „Wer macht was bis wann in welcher Art und Weise bei diesem Mandat?“ kommt nicht mehr vom sog. „formellen Führer (Seniorpartner), sondern von „informellen Führer“ des Teams, also von dem, der das Mandat hauptsächlich bearbeitet. Enthält das Mandat hauptsächlich arbeitsrechtliche Aspekte, ist der (angestellte) Arbeitsrechtler des passenden Standorts der verantwortliche Teamleiter. Er führt auch alle Besprechungen durch und delegiert Arbeiten und Zeiten. In CORONA Zeiten sind echte flache Hierarchien auch durch Zoom, Teams oder andere Videokonferenzsysteme lebbar, u.U. sogar einfacher als zu normalen Zeiten.

[3] Das löst bei Anwälten gewöhnlich Furcht aus, denn sie können schlecht abgeben. Dies ist – nach Ansicht der Autorin – das Haupthindernis, echte flache Hierarchien überhaupt in Erwägung zu ziehen.

Angebote für Anwälte auf www.anwalts-akquise.de:

Kanzlei- und Anwaltscoaching seit 30 Jahren

Ich begleite Anwälte als Einzelpersonen und in Teams bei schwierigen Themen. Ziel ist immer die Lösung individueller, strategischer und motivationsrelevanter Themen im Arbeitsalltag. Mit einem Seminar oder einer Beratung hat ein Coaching nichts zu tun.

Informationen über mich

Johanna Busmann, Hamburg 30 Jahre Anwaltstraining, Strategieberatung und Kanzleicoaching

Kosten für Coaching

In fast allen Fällen ist ein Coaching in der „Erstanschaffung“ teurer als ein Seminar. Tag: 2400 Euro + Reise + MWSt. + Übernachtung (wird Einzelpersonen nicht gewährt) Stunde 280 € + MWSt. + Reise + ggfs. Übernachtung. Anamnesegespräch Das Anamnesegespräch ist bei mir immer kostenfrei: 3o min am Telefon Danach gebe ich eine Einschätzung von Methode, Weg, Dauer und Ergebnis.

Ort, Organisation, Technik

Wird im Briefing mitgeteilt. Zerstrittene Teams begleite ich nur an neutralem Ort. Auch in manch anderem Fall empfiehlt sich der Rückzug in ein Waldhotel. Telefoncoaching In Ausnahmefällen ist ein Telefoncoaching möglich. Video-Coaching Über „Teams“ oder andere Systeme möglich. Sparringspartner Live-Coaching einer Einzelperson braucht manchmal einen vertrauten Feedbackpartner ohne private oder enge Bindung an den Klienten. Dieser wird in das Coaching eingebunden.

busmann training®

30 Jahre Anwaltstraining und Kanzleimarketing. Genießen Sie Neues, Anregendes und Lernbares aus dem Anwaltsalltag. 30 Jahre in Bild und Wort: Rückblick

Buch

Hier geht es direkt zur Buchbestellung „Chefsache Mandantenakquisition“

 

Glaubenssätze eines Anwalts behindern oder fördern ihn.

1. Was sind Glaubenssätze?

Glaubenssätze sind Lebensregeln, tief verankerte Überzeugungen über die Welt oder über uns selbst, die ihre Besitzer für „wahr“ halten. Sie gelten als so wahr, richtig und unumstößlich, dass sie zu unserer subjektiven „Wahrheit“geworden sind. Unvorstellbar, diese Basis zu hinterfragen! Glaubenssätze schreiben einer Handlung, einem Zustand und sogar einer Meinung streng monokausale Verbindungen zu („Wenn…, dann…“ oder: „Das ist so, weil…“).

3. Fördernde Glaubenssätze von Anwältinnen

Seit 27 Jahren veranstalte ich Seminar für Anwältinnen. Anwältinnen lernen natürlich nichts anderes als die männlichen Kollegen; sie lernen allerdings anders. In Coachings tragen wir zusammen, was den König (also den Mandanten) von dem Kaiser (also der Anwältin) unterscheidet – und unterscheiden MUSS. Genießen Sie mein Protokoll „Das Kaiserinnenmanifest“

4. Glaubenssätze als Bremser einer Anwältin

Glaubenssätze können Misserfolge, Krankheiten und Unzufriedenheit verursachen. Eine wirklich erfolgreiche Anwältin wendet sich an einen Coach, weil sie über alle (erfolgreichen!) Berufsrollen ihre privaten Rollen (als Ehefrau, Mutter, Freundin) aus den Augen verlor. Diese Anwältin hat durch behindernde Glaubenssätze fast ihre Ehe und die Beziehung zu ihren Kindern aufs Spiel gesetzt.