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Teams in Anwaltskanzleien

Drei Arten von Teams machen Anwaltskanzleien erfolgreich: Gruppen, Dauerteams und Projektteams.
Alle Formationen können nebeneinander, zeitgleich und effektiv existieren und alle drei sind, um erfolgreich zu sein, auf zielsichere Führung angewiesen.
Alle drei haben unterschiedlichen Trainings-, Coachings- und Entwicklungsbedarf.

Textauszug aus: „Chefsache Anwaltscoaching“

© Johanna Busmann

Teams in Anwaltskanzleien

Die Einrichtung von drei Team-Arten in der Anwaltskanzlei

Für die Einrichtung von Gruppen und Dauerteams tun Anwälte – außerhalb der Einstellung neuer Mitarbeiter – normalerweise gar nichts, und das müssen sie auch nicht; es sei denn, sie wünschen Erfolg.
Lediglich Projektteams werden – meist in größeren Kanzleien – durch die Kanzleileitung bewusst und unter enger Zeit- und Zielführung eingesetzt.

  • Gruppe: Eine „Gruppe“ innerhalb einer Kanzlei besteht aus Personen derselben Hierarchiestufe, die üblicherweise nicht im Alltag zusammenarbeiten. Beispiele: Alle Assistenten bilden eine solche Gruppe, alle angestellten Anwälte eine andere, alle business developer (HR, IT, CRM, Controlling) eine dritte und alle Entscheider (wie in diesem Fall) bzw. Seniorpartner eine vierte. In kleinen Kanzleien ist eine solche „Gruppe“ auch eine Einzelperson.
  • Dauerteam: Ein Dauerteam innerhalb einer Kanzlei bearbeitet alle Stufen eines Mandates von der Anfrage bis zur Rechnung. Es besteht aus Personen diverser Hierarchiestufen, die kontinuierlich im Alltag zusammenarbeiten. Alle Mitarbeiter eines Standorts können ein solches Team sein, die Arbeitsrechtler und Steuerrechtler zusammen mit ihrer Assistenz ein weiteres und die gesamte Kleinkanzlei ein drittes (z.B. zwei Assistenten und ein Anwalt). 
  • Projektteam: Normalerweise ist das die einzige Formation, die bewusst, zielgerichtet und zeitlich begrenzt eingesetzt wird. Immer, wenn ein großes Mandat durch mehrere Rechtsgebiete und Beratungsschritte bearbeitet wird, gründet sich ein Projektteam. Es besteht aus unterschiedlichen Hierarchien und wird rein nach Expertise zusammengesetzt, hat einen scharfen Aufgabenfokus und einen festen Zeitrahmen. In Kleinkanzleien können Dauerteams immer auch Projektteams sein.   

Das sieht so aus:

Dauerteams und Projektteams in der Kanzlei

Während Gruppen in einer Anwaltskanzlei (alle Standortleiter, alle Assistenten, alle angestellten Anwälte, alle Seniorpartner) nicht alltäglich zusammenarbeiten, sind beide Arten von Teams (sofern sie gut geführt sind) die Garantie für Kontinuität in der ständigen Mandatsbearbeitung.
Bevor ein Business-Coach in eine Kanzlei kommt, hat er in der Anamnese genau ermittelt, ob er für ein Projektteam oder für ein Dauerteam arbeiten wird.

Unterschiede zwischen Dauer- und Projektteams
Dauer- und Projektteams bearbeiten Mandate. Allerdings sind Zusammensetzung, Aufgaben, Hierarchien, Verantwortungsbereiche, Zeitabläufe und die Rolle von Konflikten unterschiedlich und teilweise entgegengesetzt, so dass sich ein genauer Blick auf beide Teamorganisationen lohnt:                                                                

Kommunikationskonflikte in einem Dauerteams

Neben den Rollenkonflikten sorgen diverse Verhaltensweisen (z.B. sprachliche Entgleisungen, Nicht-Weitergabe von Informationen, Bevorzugung / Benachteiligung etc) für einen Leistungsabfall in Dauerteams.
Sprachliche und non-sprachliche Kommunikationsformen verdeutlichen, verschlimmern oder verursachen alle Formen von Ärger, Ärgern und Sich-Ärgern-Lassen in Dauerteams.
Alle sind auch durch aufmerksame Betroffene analysierbar; das betrifft z.B.

  • Killerphrasen: Eine Teammitglied wird wiederholt mit nicht quantifizierten und nicht spezifizierten Behauptungen oder Attacken konfrontiert („Das kannst du nicht beurteilen, Paul“ oder „Nicht grad eine Meisterleistung, Luisa“ etc.)
  • Fehlerbewertung: Ein Fehler wird besonders scharf kritisiert, statt seine Wiederholung zu verhindern („Was hast du eigentlich im Studium gelernt? Mannmann, jetzt müssen wir alles nochmal machen!“), Fehler wahrheitswidrig behaupten („Wenn du rechtzeitig diese Passage rausgenommen hättest, wäre das ja nicht passiert. Leider hast du sie übersehen…“)
  • Unberechenbarkeit: Scheinbar unkontrollierte Gemütsschwankungen, selbst aufgestellte Regeln nicht befolgen, widersprüchliche Aussagen treffen, intrigant sein (z.B. besonders freundlich nur gegenüber ausgewählten Anwesenden sein)
  • Grenzverletzungen: Wiederholte Drohungen („Wenn das jetzt wieder nicht klappt, werden wir uns was überlegen müssen.“), Verfügung über die Zeit der anderen Teammitglieder (Zu-Spät-Kommen, irrelevante Einwürfe im Meeting, Detailterror), Aufgaben oberhalb oder unterhalb der Fähigkeiten des anderen vergeben, zeitgleich mit einer anderen Person zu reden beginnen
  • Gefühls-Bashing: Lächerlichmachen von gefühlsmäßig erlebten Einwänden („Nun stellen Sie sich nicht an; wir sind hier nicht in einer Selbsthilfegruppe“), Zurückweisen eines gefühlsmäßig vorgebrachten Einwands oder Vorschlags („Was Sie sich vorstellen können oder nicht, ihr hier doch irrelevant“), Reden über Dritte, obwohl diese anwesend sind („Dazu hat Paul sicher wieder einen Kommentar auf Lager, würde mich wundern, wenn nicht.“)
  • Nonverbale Attacken: Augenrollen, Rücken zudrehen, nach Besprechung aufstehen trotz Wortmeldung, (zu) leise oder (zu) laut sprechen, verstummen (wenn jemand Raum betritt), anstarren, räuspern, übergehen einer Wortmeldung, „Vergessen“ eines Arguments bei Zusammenfassung, nur eine Person nie mit Namen ansprechen, Kuli klackern während eines Wortbeitrags, gähnen oder auf die Uhr oder aufs Handy schauen, während jemand spricht, nicht in die Augen schauen beim Sprechen, wiederholt zu spät kommen.
  • Asymmetrie: Der gleichrangige Mitarbeiter stellt sich über seinen Kollegen („Ich schau es mir gern nachher gern mal an, wenn ich Zeit habe“), auch durch vergiftetes Lob („Schon ganz ok dein Entwurf, ein paar Ergänzungen noch, dann kann er raus.“)
  • Behinderungsmacht: Ein (gleichrangiges) Teammitglied verwehrt einem anderen den Zugang zu Ressourcen wie Geld, Beziehungen, Delegation (Aufgaben nicht abgeben, obwohl andere sie lösen können), Verlässlichkeit (Zusagen nicht einhalten), Feedback (nicht sagen, was man denkt) oder Information (zu einem angeblich „neuen“ Mandanten hatte es längst durch einen Kollegen einen Kontakt gegeben).
  • Verschiebung: Wenn die ganze Persönlichkeit statt eines einzelnen, konkreten Verhaltens kritisiert wird („Du bist total unzuverlässig“ statt: „Du bist Dienstag und Donnerstag jeweils 20 Minuten zu spät gekommen“), kann der Kritisierte sein Verhalten nicht sinnvoll umstellen. Er ist also machtlos, besonders wenn die Kritik von einem hierarchisch höher Stehenden kommt.
  • Verzerrung: Unterschwellig bedrohliche Botschaften unter harmloser Sachebene („Lass die mal ruhig machen; die müssen sich doch noch beweisen“), aufwiegeln („Das sollten wir doch auch ohne Petra hinkriegen“)
  • Rigide Beziehungsmuster: Erpressung durch die Opferrolle („Dagegen kommt man ja eh nicht an…“), physische Rückzüge (Türenknallen während des Teamstreits: „Sagt Bescheid, wenn ihr endlich wieder arbeiten wollt.“), Gerüchte verbreiten („Ihr wisst schon, dass der noch ganz andere Probleme zuhause hat, oder?“), Inszenierung von Schuld („Kein Wunder, wenn ein Anfänger den Schriftsatz entwirft.“)
  • Informationen klauen, gegen einen anderen verwenden, ausplaudern („War ja in deinem ersten und zweiten Job nicht anders; da hattest du auch stets mit den anderen Schwierigkeiten“), Erfolge eines Einzelnen für sich selber oder für das Team reklamieren („Wir haben es doch noch geschafft, puhh, das wäre ohne dieses tolle Team niemals gelungen.“)

Die Autorin rät zumindest in Dauerteams, ein konkretes (genaue Formulierungen, Datum) Protokoll aller störenden Kommunikationsfaktoren anzufertigen, um die Anamnese für ein späteres Coaching zu erleichtern. Insbesondere wenn die Störungen durch den Teamchef erfolgen, gefördert oder geduldet werden, ist dieser Schritt sinnvoll, da die Herkunft von Hinweisen im Protokoll normalerweise – außer es wird anders gewünscht – anonym bleibt.

Buch

Chefsache Anwaltscoaching
Berliner Wissenschafts-Verlag (2022)
E-Book und Hardcover
710 Seiten, 89 Euro
(+ Versandkosten NUR bei Versand ins Ausland: 7,95 Euro)

Kapitelübersicht, Leseprobe und Buchbestellung

Autorin

Johanna Busmann, Hamburg
31 Jahre Anwaltstraining, Strategieberatung und Kanzleicoaching – Details

Presse

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